Dankbarkeit, fühle ich das?

Dankbarkeit ist eine innere Haltung, die man kultivieren kann. Ganz selten nur mache ich mir bewusst, was ich alles habe, was ich schon erreicht habe, was ich für wundervolle Menschen kenne, wie gut ich es habe, wie frei ich bin.

Warum? Ich nehme Manches zu selbstverständlich. Ich gewöhne mich daran. Doch wer will sich eigentlich gewöhnlich fühlen? Das ist eine Art von Unachtsamkeit.

Das Kultivieren von Dankbarkeit ist eine einfache und wertvolle Achtsamkeitsübung. Wenn ich in ein Gefühl der Dankbarkeit eintauche, dann lenke ich die Aufmerksamkeit auf die Fülle. Auf das, was da ist - anstatt auf das, was vermeintlich fehlt. Das ist ein schönes Gefühl.

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Es gibt so einen Satz, der sich erstmal wie eine blöde Yoga-Floskel anhört: Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Aber wenn man darüber nachdenkt, ist der Satz ziemlich schlau. Wenn du den ganzen Tag “Terror” denkst, dann wird dein Leben “Terror” sein. Wenn du den ganzen Tag fluchst, dann fühlt sich dein Leben wie ein Fluch an.

Wenn du deine Aufmerksamkeit auf etwas richtest, wofür du dankbar bist, fließt die Energie dorthin. Die Fülle wird größer. Man kann auch für etwas dankbar sein, was man noch gar nicht hat. Aber man kann so fühlen, als ob es schon da wäre. Du strahlst es dann aus - und du wirst es anziehen. Man kann auch dann dankbar sein, wenn man negative Gefühle fühlt - Stress, Ärger, Wut. Gerade dann macht es Sinn, weil du dem Negativen den Stecker ziehst, du drehst den Energiehahn ab. Stattdessen richtest du dich auf das Positive aus, auf die Fülle. Und du ziehst sie an. Du bist sie.

Die Geste des Anjali Mudra ist eine der Dankbarkeit. Sie symbolisiert die Verbindung zum wahren Selbst. Die Yogis meinen damit, dass mein Licht dein Licht grüßt. Oder meine Seele deine Seele sieht. Für mich persönlich hat sie was mit Demut zu tun. Ich bin automatisch mit dem Fokus in meinem Herz, ein Stück weiter weg vom Kopf. Das hilft, achtsamer zu spüren.

Ich lege die Hände zusammen. Die Daumen berühren mein Brustbein. Ich fühle die Wärme meiner Hände und lasse sie in mein Herz fließen - und umgekehrt. Ich spüre in den Moment und spüre, wofür ich dankbar bin. Es darf was ganz Banales sein. Ein leckeres Essen. Das Wetter. Eine Umarmung. Eine Sache, die ich mir geleistet habe. Ein Mensch, der für mich da ist. Ich sage mir: “Ich bin dankbar für …”. Und dann fühle ich, wie mein ganzer Körper von Dankbarkeit erfüllt wird. Es ist ein Gefühl der Weite, manchmal auch der Wärme. Verdammt gut eigentlich. Außergewöhnlich gut.

Sinah Müller