Yoga in Zeiten der Unruhe (Corona)

oder

Angst vs. Liebe, Angst vs. Mut

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Was ist eigentlich Angst?

Jeder kennt das Gefühl, Angst zu haben. Angst ist eine starke innere Kraft. Im gesunden Maße schützt sie uns. Aber sie kann uns auch sehr schnell lähmen und das Gefühl geben, Opfer höherer Gewalt zu sein. Im Fluss des Lebens werden wir hin und her geworfen und wir meinen nichts dagegen tun zu können. Aktuell ist die Strömung schnell. Und der Fluss wild.

Im Yoga nennen wir Angst “abhinivesha” - ein Gefühl der Unsicherheit, des Kontrollverlustes, der Hilflosigkeit. Angst ist eine Form der “kleshas” - ein Hindernis, das uns davon abhält, die Wahrheit des Seins zu erkennen. Eine Ursache des Leidens, ein Grund, warum sich viele Menschen so fühlen wie sie sich fühlen. Wenn wir es gewohnt sind, dass unsere innere Ruhe von der äußeren abhängt, glauben wir in den Stromschnellen unterzugehen.

Woher kommt die Angst?

Angst ist das Ergebnis zu vieler unbewusster negativer Gedanken. Oder wir haben die Gedanken der anderen übernommen. Mit Angst lässt sich Geld verdienen und eine Menge Aufmerksamkeit erregen. Deswegen ist die Angst immer laut.

Wenn wir Angst haben, sind wir abgetrennt von dem Gefühl der Liebe. Das liebende Herz kennt keine Angst. Nur das Ego-Ich (der Verstand) hat Angst. Und der mag das Unbekannte nicht. Sein Fachgebiet ist das bestehende Wissen, also die Vergangenheit.

Nun ist Corona ist aber ziemlich neu und verdammt schnell und vor allem extrem unbekannt. Was für ein krasser Trigger! Unser uraltes Reptilienhirn im Kopf übernimmt das Kommando. Es droht Kontrollverlust. Unser Hirn meldet, dass die Sache nicht in seine bestehenden Konzepte passt. Es sterben Menschen, natürlich haben wir Angst vor dem Tod. Wir könnten Überträger sein, natürlich haben wir Angst etwas falsch zu machen und ausgegrenzt zu werden. Es kommen unbewusste Dinge stark nach oben.

“Wende dich der Liebe zu und vergiss die Angst. Wenn du wahrhaft liebst, verschwindet die Angst von selbst.” - Osho

Das klingt sinnvoll und richtig, aber wir wissen alle, wie schwer es ist, die Angst zu vergessen. Gerade in der aktuellen Situation. Aus einer höheren Perspektive ist Liebe ganz gewiss die Antwort. Aber was heißt das konkret? Und könnte es sein, dass wir Angst haben zu lieben? Die Liebe können wir genauso wenig kontrollieren wie die Angst.

Diese Woche im Senioren Yoga Unterricht …

Es bringt nichts, die Sache nicht ernst zu nehmen. Das wäre anmaßend gegenüber den alten Menschen. Ich war diese Woche mehrere Male in Seniorenheimen für Yogastunden mit dem Stuhl. Dort bin ich in ein Feld von Angst getreten. Umso mehr habe ich mich über jeden Teilnehmer gefreut, der mit geübt hat. Auch wenn die Igelbälle nicht berührt wurden, weil sie nicht frisch desinfiziert waren. Auch wenn ich auf meine geliebten Berührungsrituale verzichtet habe. Auch wenn es nur für 60 Minuten war: Jeder Augenblick zählt, in dem wir aus der Angst raus kommen. Angst ist eine From von Stress. Und Stress ist Gift für das Immunsystem.

Mit ist klar geworden, dass es meine Präsenz ist, die den Unterschied macht. Strahle ich Angst aus oder Liebe? Bin ich mir sicher oder zweifle ich? Das muss jeder für sich selbst wissen und fühlen - und danach handeln. Wir schreiben und hören doch immer wieder: Du bist Liebe. Du bist Ruhe. Du bist … Es ist Zeit, das zu beweisen.

Wie Yoga dir hilft

Yoga erinnert dich, dass du ein liebendes und fühlendes Wesen bist. Yoga hilft dir zu erkennen, dass du mehr als dein denkender (ängstlicher) Verstand bist. Yoga gibt dir Tools an die Hand, Stress abzubauen und damit dein Immunsystem zu stärken. Yoga lässt dich verstehen, dass du Liebe bist. Und dass es einen Unterscheid macht, in welchen “Vibes” du in die Welt raus gehst und anderen Menschen begegnest.

Anna Trökes (eine bedeutende Yogalehrerin unserer Zeit) schreibt so schön: “Lass das Leben strömen, wie es strömen will - und vertraue darauf, dass selbst, wenn der Strom dich mitreißt, du immer wieder einen Platz im Flussbett finden wirst, in dem du dich niederlassen kannst - ganz bei dir - ganz mit dir.”

Wir sind in dieser Metapher die Kieselsteine. Kieselsteine, die in sich selbst ruhen. Mut heißt nicht, keine Angst zu haben. Mut heißt, nicht in der Panik zu schwimmen, sondern innezuhalten, auf den Grund zu sinken und sich zu erinnern. Und natürlich nicht ignorant zu sein, sondern im Sinne der Gemeinschaft zu handeln.

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Was kannst du noch tun? Tipps für deine eigene Meditation und Praxis:

  • Tunnelblick auflösen: Was passiert noch in deinem Umfeld? Richte den Blick auf das Schöne: Blumen, die zu blühen beginnen, ein lachendes Kind usw. Das ist keine Ignoranz, sondern eine Öffnung deiner Wahrnehmung. Wir nutzen das Gesetz der Anziehung, um unser Energielevel zu erhöhen.

  • Vom Kopf ins Herz: Was fühlst du darüber? Das kann anstrengend sein, ist aber wichtig.

  • Im Herzen verweilen und sich an die Verbindung erinnern, den Zustand des Yoga ausweiten und stärken. Sende deinen Segen aus, deine Güte, deine Liebe, in alle Richtungen.

Sinah Müller